In der Strahlentherapie unterscheiden wir zwischen frühen und späten Strahlenreaktionen, also Nebenwirkungen die während oder kurz nach der Bestrahlung auftreten und solche, die zum Teil erst Jahre nach einer Strahlentherapie eine Rolle spielen.
Frühe Strahlenreaktionen sind dabei vor allem Reaktionen an Haut und Schleimhaut. Sie treten häufiger bei definitiven Protokollen mit vielen Sitzungen und einer niedrigen Einzeldosis auf.
Späte Strahlenreaktionen können Umbauprozesse des Gewebes, Schwächung von Binde- und Stützgeweben wie Knochen und die Entstehung von Narbengewebe sein. Diese Reaktionen spielen vor allem bei palliativen Protokollen mit wenigen Hochdosisfraktionen eine Rolle. Da sie erst nach Monaten bis Jahren relevant werden und dieser Zeitraum die Lebenserwartung der Tiere in der Regel übersteigt, nehmen wir dieses theoretische Risiko in Kauf.
Bei der Bestrahlung von Tumoren ist die Priorität, dass das Tumorgewebe mit einer definierten Dosis bestrahlt wird. Um dieses Ziel sicher zu erreichen, wird der zu bestrahlende Bereich bewusst größer gewählt als der klinisch zweifelsfrei sichtbare Tumor. Es wird also ganz bewusst immer gesundes Gewebe mit der vollen Dosis mitbestrahlt. Das normale Gewebe reagiert auf die Strahlung gegen Ende oder nach Abschluss der Therapie mit Veränderungen wie Schwellung, Rötung, Haarausfall und Schmerzhaftigkeit. Diese Reaktionen sind einem Sonnenbrand sehr ähnlich und hauptsächlich auf der Haut und der Schleimhaut zu sehen. Das Fell fällt lokal an der bestrahlten Stelle häufig aus. Die Stärke der Strahlenreaktionen hängt vom gewählten Strahlentherapie-Protokoll ab.
Diese sonnenbrandähnliche Veränderung heilt normalerweise genauso schnell ab wie ein Sonnenbrand. Nach drei Wochen sind die Stellen in den allermeisten Fällen mit intakter Haut bedeckt, die oft noch dünn und empfindlich ist. Bis die Haare nachwachsen dauert es länger, das neue Fell ist nach der Strahlentherapie grau oder weiß und wächst häufig etwas dünner nach.
Für ein komplikationsloses Abheilen der schmerzhaften Stellen ist es besonders wichtig, dass die Tiere nicht kratzen oder lecken. Dies sorgt für zusätzliche Verletzungen, Irritationen und bakterielle Besiedelung, sodass zusätzlich eine Entzündung der Haut, eine sogenannte Dermatitis entstehen kann. Sollten Hund oder Katze im Strahlenfeld kratzen müssen sie konsequent einen Halskragen tragen!
Wenn die Tiere eine gute Prognose haben und die Lebenserwartung mehrere Jahre ist, arbeitet man mit langen, sogenannten definitiven Protokollen, die eine hohe Gesamtdosis und viele Fraktionen haben. Nach dieser Art der Bestrahlung sehen wir eine nässende und trockene Desquamation der Haut und die Bildung von Fibrinbelägen auf der Schleimhaut. Bei palliativen Protokollen geht es hauptsächlich darum, die Lebensqualität des Tieres zu verbessern und die letzten Monate das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten. Bei diesen Protokollen kommt es zu nicht allzu starken kurzfristigen Nebenwirkungen. Auf die lange Sicht könnten bei einigen Fällen nach mehreren Jahren Langzeitnebenwirkungen auftreten, die aber in den allermeisten Fällen aufgrund der Lebenserwartung des Tieres nicht mehr erlebt werden.
Auch wenn wir uns über schnelle Reaktionen des Tumors in vielen Fällen freuen, kann dies bei einigen Patienten zum Risiko werden. Wenn sich Tumorgewebe zu schnell und unkontrolliert zurückzieht hat das gesunde Gewebe unter Umständen keine Zeit die entstehenden Lücken zu schließen. In diesen Fällen kann es zu Fisteln kommen. Diese sind zum Beispiel auch zwischen Maulhöhle und Nasenhöhle möglich, was zu Problemen und Einschränkungen führen kann.